fleiJedes Mal, wenn du eine Prise Fleur de Sel aus Guérande über dein Gericht streust, fügst du nicht nur Geschmack hinzu, sondern auch ein Stück Geschichte. Das körnige Weiß, das sich sanft auf deinem Essen ausbreitet, ist mehr als nur Salz. Es ist die Essenz des Ozeans, geerntet von den windgepeitschten Küsten der Bretagne. Es ist die Königin der Salze, selten, kostbar und begehrt.

Unsere Erkundungstour in Guérande

Bei unserem spätsommerlichen Besuch auf der Halbinsel Guérande konnten wir die Salzgärten, die „marais salants“, erkunden. Dieses 2.000 Hektar große Gebiet ist ein Lebensraum von europäischer Bedeutung und gehört zum Netzwerk Natura 2000. Die Salzgärten von Guérande sind übrigens die nördlichsten Salzgärten Europas. Selbst unter dem bewölkten Himmel war die Szenerie beeindruckend. Jeder Schritt führte uns tiefer in dieses Labyrinth aus flachen Becken, die von Handwerkern, den sogenannten „Paludiers“, gepflegt werden. Der mild-salzige Duft, der in der Luft lag, war betörend und urtümlich, hauchte Geschichten von Jahrhunderten der Salzgewinnung. Wir hatten auch das Glück an einer deutschsprachigen Führung teilnehmen  zu können und erfuhren so, wie Fleur de Sel, aber auch grobes Meersalz in den Salzwiesen geerntet werden. Das Konzept ist ausgeklügelt und seit Jahrhunderten erprobt. Es basiert auf vielen kleinen Becken, in denen mit Hilfe von Wind und Sonne der Salzgehalt immer weiter gesteigert wird, bis die Salzernte ermöglicht wird. Die gesamte Ernte ist dabei vom Wetter und den Gezeiten abhängig. Deshalb gibt es auch Becken, die immer dann geflutet werden, wenn eine große Flut stattfindet. Dieses Meerwasser können die Salzgärtner über ein Schleusensystem jederzeit in die Salzgärten fließen lassen und machen sich so ein bisschen unabhängiger. Dennoch: Als wir 2024 im Juli die Salzgärten erneut besuchten, erfuhren wir, dass in diesem Jahr kein Salz geerntet werden konnte – die starken Niederschläge sorgten dafür, dass die Salzkonzentration in den Becken nie hoch genug wurde. Und die Auswirkungen des Wetters sind immens: Die Becken der Paludiers sind nur 3 bis 4 Zentimeter tief. Gleichzeitig sorgt die dicke Tonschicht unter den Becken – die die Salzproduktion überhaupt erst möglich macht – dafür, dass Wasser nicht versickert. Die Sonne, der Wind und das Wetter spielen also eine große Rolle bei der Salzproduktion in Guerande.

In den Salzgärten besuchten wir auch das Erlebniszentrum Terre de Sel. Inmitten der Salzgärten gelegen, bietet es eine eindrucksvolle Ausstellung – zwar nur auf Französisch, aber die sprachlichen Barrieren verschwinden schnell, wenn man sich von der Leidenschaft und dem Stolz der Menschen dort mitreißen lässt. Hier konnten wir nicht nur die Geschichte des Fleur de Sel nachvollziehen, sondern den Paludiers bei der Salzernte über die Schulter schauen. Auch Führungen durch die Salzgärten werden für Interessierte angeboten und bieten die einmalige Gelegenheit, die Gewinnung der edlen Salzblumen aus nächster Nähe mitzuerleben.

Was macht Fleur de Sel so besonders?

Fleur de Sel de Guérande unterscheidet sich deutlich von gewöhnlichem Speisesalz:

1. Ernte:

Das Fleur de Sel bildet sich nur an warmen, windigen Tagen an der Wasseroberfläche und wird am späten Nachmittag bei trockenem Wetter sorgfältig von Hand geerntet. Zum „Pflücken“ der Salzblumen benutzen die erfahrenen Salzbauern ein spezielles Schiebewerkzeug: die „lousse à fleur“. Und nicht nur das, geerntet werden kann auch nur, wenn es nicht zu viel Niederschlag gibt. Als wir im Juli 2024 wieder in den Salzwiesen von Guérande unterwegs waren, erfuhren wir, das in diesem Jahr aufgrund des vielen Regens noch kein einziges Korn Salz geerntet werden konnte.

2. Textur und Geschmack:

Während herkömmliches Salz oft hart und gleichförmig ist, zeichnet sich das Fleur de Sel durch seine knusprige Textur der zartschmelzenden Kristalle und seinen intensiven, aber dennoch feinen Geschmack aus.

3. Reinheit:

Durch die spezielle, schonende Erntemethode bleiben viele Mineralien und Spurenelemente erhalten, die in anderen Salzen fehlen. Die strahlend weiße Farbe erhält es, weil es ohne Bodenkontakt von der Wasseroberfläche abgezogen wird.

4. Geschichte:

Die Salzgärten von Guérande sind legendär und seit Jahrhunderten in Betrieb. Die Tradition der Salzgewinnung wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Der Herstellungsprozess ist sehr aufwändig. Das Atlantikwasser durchläuft ein ausgeklügeltes Mosaik verschiedener Salzbecken, in denen es gereinigt wird und verdunstet, bis es schließlich in die Erntebecken gelangt.

5. IGP-Zertifizierung:

Seit 2012 trägt das Fleur de Sel de Guérande das europäische IGP-Siegel (Indication Géographique Protégée, entspricht g.g.A, geschützte geografische Angabe). Dank dieser Zertifizierung konnte sich die Genossenschaft Le Guérandais weltweit als Referenzmarke für Fleur de Sel etablieren. Das europäische Siegel ist eine Anerkennung für das Engagement der Salzbauern. Euch garantiert es ein authentisches, einzigartiges und hochwertiges Produkt, das nach allen Regeln der Kunst und nach strengen Vorgaben auf tradionelle Weise hergestellt und von Hand geerntet wird – und zwar ausschließlich im Gebiet der Halbinsel Guérande.

Ein Salz, das begeistert

Ihr seht: Fleur de Sel aus Guérande ist mehr als nur ein Salz. Es ist eine Hommage an das Handwerk, die Tradition und die Natur. Jede Prise bringt die Frische des Ozeans, den Duft der bretonischen Küste und die Hingabe der Paludiers auf deinen Teller. Ein Erlebnis, das man schmecken und am Gaumen spüren kann. Aber zugegeben, einfach untergerührt ist es uns zu schade. Wir verwenden es immer dann, wenn es dem Gericht als Topping eine besondere Note verleiht, wenn nicht nur das Aroma, sondern auch die leicht krustige Textur eine Rolle spielen – und wenn wir Lust haben, uns in unsere schönen Erinnerungen und den Duft der bretonischen Küste zurückzuträumen.