Wann immer wir die Chance haben, die traditionelle Herstellung von Käse, Wein und anderen handwerklich erzeugten Lebensmitteln hautnah zu erleben, sind wir sofort dabei. Schon im Sommer wollten wir eigentlich an der französischen Atlantikküste eine Ziegenkäse-Farm besuchen. Leider kam es nicht dazu – aber jetzt im Herbst in den Elsässer Vogesen konnten wir dann doch noch einen Blick hinter die spannenden Kulissen der Ziegenkäseproduktion werfen.

In der Chèvrerie du Brabant, einem Familienbetrieb in La Bresse, haben wir unseren Besuch vorab online gebucht. Dabei hatten wir keine zu hohen Erwartungen – schließlich lässt der günstige Preis von 3 € (bei Online-Reservierung nur 2,50 €) pro Person eher eine kleine Führung erwarten. Die Kinder konnten wir vorab nicht so recht begeistern, doch das sollte sich zwischen Ziegen, Zicklein und Hütehund sehr schnell ändern! Letztlich verbrachten wir viele Stunden auf der Ziegenfarm und konnten die Kinder nur schwer überzeugen, den Besuch zu beenden.

Feinste Ziegenkäsespezialitäten direkt aus der Käserei

Ein strahlend blauer Himmel begleitet uns zur Farm – das Wetter: fast schon zu warm für Oktober und erst recht für unsere Pullover. Überall auf der Farm erfüllt eine angenehme, milde und unaufdringliche Ziegennote die Luft, die sofort Lust auf Käse macht. Während wir auf den Beginn der Verkostung warten, freunden sich unsere Kinder schnell mit der zutraulichen Hütehündin Tina an, die uns bis zum Ende des Tages begleiten wird.

Zum Start serviert man uns eine kleine Platte mit einer Auswahl der selbstproduzierten Ziegenkäse-Sorten und einen kleinen Verkostungsleitfaden. Auf den Tomme de chèvre müssen wir leider verzichten, doch auch die anderen sechs Sorten sind ein Genuss.

Wir beginnen mit dem milden „Frais de Jour“, dem Frischkäse aus der Milch des Vortags. Sehr mild, mit einer angenehm unaufdringlichen und dezenten Ziegenkäsenote – also sehr anfängerfreundlich. Mit der zunehmenden Reife steigert sich auf das Aroma: Erst verkosten wir den acht Tage alten „Demi-affiné“, dann den 3 Wochen bei 5 Grad im Keller gereiften „Affiné“. Die letzten drei Käse der Verkostung sind dann wieder Frischkäse mit verschiedenen Veredelungen – Schalotten, Pfeffer sowie Knoblauch mit Kräutern.

Unser Favorit ist der frische Ziegenkäse – für viele ein völlig unbekannter Geschmack, weil Frischkäse aus dem Supermarkt, so verrät es uns der Chef der Ziegenfarm, Bruno Lecomte, immer mindestens 10 Tage alt ist. Die Gelegenheit, einen derart frischen Käse zu probieren, hat man also nur selten! Begeistert sind wir auch vom drei Wochen gereifte Affiné und schließlich von dem mit Schalotten veredelten Ziegenfrischkäse.

Ziegen füttern und streicheln auf der Weide

Noch ganz beseelt von der schmackhaften Verkostung dürfen wir den Stall betreten. Jeder von uns bekommt einen kleinen Becher mit verschiedenen Körnern – Futter für die Jungtiere. Kaum halten wir die Hände hin, schlabbern die neugierigen Zicklein das Futter begeistert auf. Und ehe wir uns versehen, reicht man uns schon einen zweiten Becher – diesmal für die älteren Ziegen. Denn jetzt geht es auf die riesige Weide.

Mit lauten Kommandos dirigiert der Ziegenhirte Hütehündin Tina, die rasend schnell um die Herde kreist und die Tiere geschickt den Hang hinauftreibt. Ein beeindruckendes Zusammenspiel!

Auch die ausgewachsenen Ziegen sind alles andere als scheu: Sie fressen das Futter genüsslich aus den Händen, drängen sich neugierig nach vorne und bleiben selbst nach dem Füttern bei uns und genießen lange Streicheleinheiten. Die Kinder sind völlig begeistert, den Tieren so nah zu sein.

Schließlich ist die Zeit auf der Weide vorbei. Eine Ziege nach der anderen trottet die Herde zurück in den Stall, eng begleitet von Tina, die aufmerksam jedes Tier im Blick behält.

Ziegenmelken für Anfänger

Zurück im Stall bekommen wir zunächst einen Infofilm gezeigt. Er vermittelt einen spannenden Einblick in den Jahreslauf auf der Farm – von der Geburt der Zicklein über die Bedrohung durch die wiederkehrenden Wölfe bis hin zur Käseproduktion.

Dabei lernen wir einiges Neues: Wusstest du zum Beispiel, dass Ziegen – anders als Kühe – nicht das ganze Jahr über Milch geben? Ebenso faszinierend sind die Einblicke in die Käseherstellung: Während ein Tomme de chèvre ganze zwei Monate reifen und regelmäßig gebürstet werden muss, ist die Herstellung von Frischkäse vergleichsweise unkompliziert: Die Milch wird mit Lab versetzt, der Bruch zerkleinert und in Formen gefüllt. Dort läuft die Molke langsam ab, der Käse erhält seine spätere Konsistenz. Noch ein wenig Salz, hin und wieder wenden – und fertig ist der frische Ziegenkäse. Natürlich stecken in jedem Stück Käse enorm viel erlerntes und seit Generationen überliefertes Know-how der Profis, Erfahrung und beste Zutaten, aber wir nehmen uns fest vor, bald auch zuhause einmal einen kleinen Ziegenfrischkäse herzustellen.

Ziegenmilch frisch aus dem Euter!

Dann wird es richtig spannend: Die Kinder dürfen die Ziegen zur Melkbank führen. „Führen“ ist dabei fast untertrieben – die Ziegendamen drängen sich regelrecht durch das kleine Gatter, als könnten sie es kaum erwarten. Die ersten Tiere werden von Hand gemolken, und dabei dürfen die Kinder helfen!

Das ist gar nicht so einfach. Geduldig erklärt uns der Käser, wie es geht, bis unsere drei Kinder alle ein Erfolgserlebnis haben: Erst mit Daumen und Zeigefinger den Ansatz der Zitze fest umschließen, sodass die Milch in der Zitze bleibt, dann die übrigen Finger nacheinander schließen – und schwupps, fließt ein warmer Strahl in den Eimer. Ein paar Tropfen dürfen auch frisch aus dem Euter probiert werden!

Danach legen die Kinder die Melkschläuche an, denn der weitere Melkvorgang verläuft automatisiert. Routiniert treibt Hütehündin Tina die gemolkenen Ziegen in ein anderes Gatter, während schon die nächsten neun Tiere ungeduldig warten. So geht es Schlag auf Schlag, bis schließlich die letzte Ziege gemolken ist.

Während die Kinder inzwischen wieder draußen mit Border Collie Tina herumtollen, verlassen wir den Stall und shoppen einige Spezialitäten im eigenen kleinen Käseladen an, der unseren Besuch abrundet.

Ziegenkäsegenuss to go

Im Käselädchen können wir schließlich doch noch ein Stück Tomme de chèvre ergattern. Außerdem greifen wir auch bei den drei verschiedenen Frischkäse-Reifegraden und dem mit Schalotten verfeinerten Käse zu. Für die fünf Käse zahlen wir nur knapp 20 Euro. Ein echtes Schnäppchen für so viel Handwerkskunst und eine sichtbar artgerechte Tierhaltung. 

Am schwersten fällt der Abschied den Kindern – und zwar von Hütehündin Tina. Die verspielte Dame ist ihnen so sehr ans Herz gewachsen, dass die Rückfahrt vor allem aus einem Thema besteht: „Wann bekommen wir endlich einen Hund ?“

Ihr möchtet das auch erleben?

Die Chèvrerie du Brabant ist nicht nur ein empfehlenswerter Ausflug für Käseliebhaber, sondern vor allem für Familien mit Kindern ein unvergessliches Erlebnis. 

Die Ziegenfarm liegt etwas außerhalb von La Bresse, in den Vogesen und ist sehr gut mit dem Auto erreichbar: 5 Chemin du Hauts des Bouchaux, 88250 La Bresse.

Für Besucher ist sie geöffnet von Mitte Februar bis Ende Oktober. Führungen sind meistens nachmittags möglich, von 15 bis 19 Uhr. Um sicherzugehen, einen Platz zu bekommen, sollte man am besten vorab online reservieren! Im Frühling hat man manchmal auch das Glück, bei der Geburt der Ziegen hautnah dabei zu sein.

Der Eintritt bei Online-Buchung kostet 2,50 € und beinhaltet eine Ziegenkäseverkostung, den Futtermais zum Füttern der Ziegen und die Führung durch die Ziegenfarm.